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Hennes und Gisela brachten so viel Freude in mein Leben... Sie sind so lustig! Ich hatte im Vorfeld viel über Ziegen gelesen und einige aufschlußreiche Telefonate
geführt, war also gut informiert und vorbereitet, aber wie wunderbar, sonderbar und lebensfroh diese Tiere sind, das wurde mir erst klar, als ich sie bei mir hatte. Hennes testete erst einmal aus, wer von uns beiden der
Chef in der Herde ist, aber dank der zuvor studierten Fachliteratur wußte ich, wie ich meine Rolle als Leithammel zu spielen hatte. Die beiden schenkten mir dann auch ihr vollstes Vertrauen, schlossen Freundschaft mit mir, und ihr
größter Wunsch ist es seitdem, mich zu begleiten, was auch immer ich tue und wohin auch immer ich gehe. Vin nun an wurden sie meine Begleiter auf den täglichen Spaziergängen mit den Hunden. Es war egal, wie weit ich ging, wohin
unser Weg uns führte oder wie das Wetter war. Hennes und Gisela, sie sonst z.B. bei Regen keinen Fuß vor die Stalltüre setzten, hüpften freudig meckernd mit mir durch das größte Unwetter, stapften wacker durch hohen Schnee,
schlidderten übers Eis und sprangen geschickt um Pfützen und Schlammlöcher herum... Ihre überschäumende Lebensfreude steckte an. In Verbindung mit meinen ebenfalls immer fröhlichen Pudeln waren sie ein Garant für gute Laune. Sie
rannten, spielten, tobten, kletterten und erkundeten jedes Fleckchen Erde. Tapfer und verwegen steckten sie ihre neugierigen Nasen in alles hinein und probierten alles aus... Und wenn ihnen etwas nicht geheuer war, suchten sie
Schutz hinter ihrem Leittier, also hinter mir. Da ich mich so intensiv mit ihnen beschäftigte, wuchsen wir zu einem guten Team zusammen. Meine Ziegen, ansonsten stur, wie Panzer, wissen auch genau, wann es ernst wird. Wenn ich
sie in einer Gefahrensituation rufe, kommen sie sofort. Mir wurde schon mehrmals von staunenden Passanten gesagt “Alle Achtung! Ihre Ziegen gehorchen besser, als mancher Hund!”, und damit haben sie wohl nicht so ganz unrecht...
Da ich vermeiden wollte, dass Hennes und Gisela Babys bekommen und weil potente Ziegenböcke bisweilen etwas streng riechen, ließ ich Hennes beizeiten kastrieren. Die Tierärzttin kam und führte eine sogenannte “unblutige” Kastration
durch, d.h. sie narkotisierte ihn und klemmte mit einer Zange auf beiden Seiten die Samenleiter ab. Die Hoden würden nun schrumpfen und der Bock völlig steril sein, erklärte sie mir. Aber es kam, wie so oft im Leben, ganz anders...
Eines Tages fiel mir auf, dass mit Hennes´ Hoden etwas nicht stimmte. Irgendwie war da eine Schwellung, die sehr gefährlich aussah. Ich dachte an ein dickes Geschwür, einen Abszess oder Hodenkrebs.... Ich rief die Tierärztin
herbei. Selbige kam und stellte fest, dass Hennes kerngesund war, aber einer seiner Hoden offenbar von der Kastration nichts mitbekommen hatte. Während sein “Bruder” klein und verkümmert vor sich hin schlummerte, war er wacker
weiter gewachsen und präsentierte sich nun in stattlicher Größe... Einem weiteren Abklemmen stimmte ich nicht zu. Ich bat die Tierärztin, das Teil kurzerhand oeprativ zu entfernen, was dann auch geschah... Ein Schritt, den ich
im Nachhinein bereue... Gisela und Hennes fraßen immer gerne und reichlich und waren beide wohlgenährt, aber Giseläächen wies irgendwann Rundungen auf, die schon ungewöhnlich waren... Sie sah aus, wie eines jender
Kastanientierchen, die Kinder basteln... ein dicker, runder Bauch auf dünnen Stelzenbeinen... Eines Tages hing dieser Kugelbauch auf einmal eine ganze Etage tiefer. Die Wirbelsäule zeichnete sich oben auf dem Rücken ab, und die
Kugel schaukelte bei jedem Schritt schwungvoll hin und her... Da wußte ich sicher: Meine Gisela war schwanger... hochschwanger... Am nächsten Morgen war es dann auch schon so weit... Gisela hatte ihr Lämmchen geboren... Ich
konnte es kaum fassen: Mein kastrierter Hennes war Vater geworden, und sein Sohn sah fast so aus, wie er... |